EINE WIESE ERWACHT ZUM LEBEN
Eine Einladung zum Mitmachen, Nachmachen, Selbermachen...
Der Spitzwegerich (eine der Wegericharten) ist seit Urzeiten als Heilpflanze bekannt. Sein Name bedeutet Wegbereiter; die Wegericharten sind die Beherrscher des Weges. Die Ethnobotaniker deuten sie als Pflanzen der Tiefgründigkeit, der Hoffnung, Ruhe. Sie stehen für Natur, Licht und Wärme; auch für Nacht und Tod.
Wie das Kreuz: Es ist Zeit, die Richtung zu wechseln, sich dem Leben zuzuwenden nach allem, was wir nicht mehr leben lassen.
Wir stehen am Kreuzweg: es geht inzwischen auch um unser eigenes Überleben. Wie sehr wir auf eine intakte Natur angewiesen sind, zeigt das Jahr 2017 sehr deutlich, wenn wir nur an die ausgefallene Obsternte und die unmögliche Herbstbestellung denken.
Jörg Zink schrieb 1982 als ökologische Momentaufnahme:
„Wolkenkratzer. Zwei Fensterputzer stürzen vom 96. Stockwerk aus in die Tiefe.
Der eine schreit vor Entsetzen auf dem Weg nach unten und ruft nach seiner Frau und seinen Kindern und nach Gott.
Der andere hört sich das bis zum 2. Stockwerk an u. ärgert sich: Was schreist du denn so? Bis jetzt ist uns überhaupt nichts passiert!“
Wer Verantwortung übernehmen will für diese Erde, diese Schöpfung, die dringend Hilfe braucht, kann sich hier Anregungen holen.
Alles Leben ist heilig und benötigt jetzt unseren achtsamen heilenden Umgang damit. Das können sehr einfache Dinge sein, wie
- den Sand nicht zu harken um die Eingänge der 120 verschiedenen Sandbienen nicht zu verschließen.
- Oder die Wildpflanzen wachsen und blühen zu lassen statt sie alle 14 Tage mit dem Rasenmäher klein zu häckseln.
- Auf der Wiese stellen Löwenzahnblüten die erste große Pollen- und Nektarmassentracht des Jahres, daher hilft es den Futtersuchenden, ihn stehen zu lassen.
- Oder bei der Grabpflege Pflanzen zu wählen, die Insekten ernähren: ungefüllte Blüten wie Ostergruß, Blaukissen, Steinkraut, Steinbrechgewächse.
Dem Verstorbenen würde es bestimmt gefallen, wenn er mit seinem Grab noch dem Leben dient. Dann ernähren diese Pflanzen wunderschöne Insekten, die wiederum den Vögeln als Nahrung dienen. Und wir erfreuen uns an ihrem Gesang.
Wie ein kleines Stück Wiese zum Leben erwacht, wenn sie ein halbes Jahr sich selbst überlassen bleibt, zeigt Ihnen diese Ausstellung. Und sie lehren uns einiges!
Für alles gibt es in der Natur eine Verwendung:
- von den Flechten (hier Gelbflechte auf der Feldsteinmauer der Friedhofsgrenze) ernähren sich 11 verschiedene Flechtenbärchen (Nachtfalter)
- verblühte Stengel dienen als Sitzwarte für Libellen oder die Spinnen befestigen ihren Kokon daran oder weben ihr Netz in verwelkte Blüten des Spitzwegerichs.
- Die braune Krabbenspinne fällt auf der verdorrten braunen Schafgarbenblüte kaum noch auf, so dass sie leichter Beute machen kann.
- Der Samen der Pflanzen ist für viele Lebewesen gerade in der kalten Jahreszeit eine Delikatesse, verlassene Mäusebaue werden von den Hummeln für ihre Brut genutzt und damit die Pflanze erhalten bleibt, muss sie sich über ihren Samen ausbreiten.
Falls Sie ehrfurchtsvoll staunen, welch faszinierende Vielfalt um uns herum existiert, wenn wir ihr dazu den Weg bereiten, dann freuen wir uns, wenn Sie mithelfen, Lebensräume wieder entstehen zu lassen.
Im Namen aller Lebewesen danken wir für Ihre Mitwirkung.
Fotodokumentation
Ab März 2017 wurde ein ca. 200 qm großes Wiesenstück auf einem Friedhof, wo sich keine Gräber befinden, nicht mehr gemäht, um Wildbienen zu schützen. Diese Dokumentation zeigt, welche Lebewesen sich dort in 9 Monaten nachweisen ließen.